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GOCHUJANG SUNSET

25. Januar 2024 - 10. Februar 2024
gs
© Mara Novak

Der südkoreanische Videotrend „Mukbang“ ist Inspiration für die multimedialen Arbeiten der österreichischen Künstlerin Mara Novak, die sie ihrer Soloausstellung GOCHUJANG SUNSET zeigt. Diese Videos, bei denen in Livestreams Unmengen von Essen verzehrt werden und wobei die titelgebende rote Gochujang-Gewürzpaste großzügig für expressive Farbmomente eingesetzt wird, entstand um 2010 in Korea und besticht durch seine visuelle sowie akustische Intensität und Exotik. Fasziniert hat die Künstlerin besonders das Bühnenhafte, Landschaftsartige der minutiös konstruierten Essensberge, die Dramaturgie des Essensprozesses an sich, sowie die Schmatz-, Schlürf- und Kaugeräusche, die beim Betrachten der Videos besondere Hirnreize auslösen, die von Faszination, Entspannung und Abschreckung bis zur seltsamen Fetischisierung reichen.

Ihre konzeptuell angelegte Werkserie bestehen aus erweiterten analogen Fotografien, skulpturalen Objekten und multimedialen Installationen. In ihnen materialisiert die Künstlerin die ausschweifenden Ess-Orgien koreanischer Streamer auf verschiedenen Ebenen. Dafür nutzt sie Detailaufnahmen aus Mukbang-Videos und verbindet sie mit bekannten Berglandschaften aus ihrem Archiv. Dabei entstehen überraschende kulissenartige Fotografien. Die Kombination digitaler Inhalte und aktueller Technologien mit dem klassischen analogen Entwicklungsprozess, der in ihren Arbeiten immer bewusst sichtbar bleibt, lässt die Grenzen zwischen digital und analog verschwimmen und neue, verschobene (Landschafts-) Realitäten entstehen.

Die visuelle Dimension der Arbeiten wird durch sanfte Schmatz-, Schlürf und Knackgeräusche und andere Soundeffekte aus den Mukbang-Videos ergänzt. Mara Novak kombiniert dabei ihre besondere Hass-Liebe zur visuellen Form von Videos und ASMR-Geräuschen (Autonomous Sensory Meridian Response; das sind Geräusche, die ein kribbliges Gefühl auf der Kopfhaut auslösen, das sich entlang der Wirbelsäule ausbreitet) mit der traditionellen analogen Fotografie.

Dafür baut sie Mini-Lautsprecher in ihre Wandskulpturen und Objekte (wie etwa der Fauteuil-Skulptur) ein, die beim Publikum das Bedürfnis erwecken, sie zu berühren, zu quetschen und vielleicht sogar hineinzubeißen. Diese Multimedia-Skulpturen unterstreichen den immer bewusst nachvollziehbar gemachten handwerklichen Zugang der Künstlerin zum Objekt auf humorvolle und fantasievolle Weise.

Zum tatsächlichen Angreifen und Anziehen lädt die übergroße orange Daunenjacke mit Noodle Print „gochujang armour“ ein, mit der Novak den sozialen Kontext der Mukbang-Videos aufgreift. Gemeinsame Mahlzeiten spielen in der koreanischen Kultur traditionell eine wichtige Rolle und stärken das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Wie im Westen vollzieht sich auch in Ostasien ein gesellschaftlicher Wandel, bei dem bislang übliche Mehrfamilienhauhalte abnehmen und die Zahl die Singlehaushalte rapide zunimmt. Mukbang-Videos entspringen der Idee, Gefühle der Isolation und Einsamkeit zu verringern, die aus dieser neuen Lebensweise folgten: Die Zuschauenden können, während dem sie den Streamenden beim Essen zusehen, selbst ihre Mahlzeiten einnehmen und sich im Chat mit anderen Fans austauschen.

Die XXXXXL-Jacke ist eine Anspielung auf die schützende Funktion einer Ästhetik, mit der man sich in einer Gruppe zugehörig macht: In dieser Jacke nimmt man nach außen hin viel Platz ein und fühlt sich besonders groß, andererseits verliert man sich darin. Die Übergröße erweckt das innere Kind, erweitert unsere Komfortzone, und lasst uns darin spielerisch die Welt erkunden – quasi geschützt durch die Noodles.

Die riesigen, farbenprächtigen Duvets mit Meeresfrüchte-und Essensmotiven aus den Videos sind digitale Collagen. Auf das Digitale verweist die Künstlerin durch die extra Verpixelung, die sich auf der Rückseite der Decke ins Abstrakte auflöst. Integriert in den Decken sind extra ausgestopfte Abnäher in Form von typischen Gesten der Mukbang-Videos. Die abgesteppten Hände beziehen sich auf die speziellen Codes der asiatischen Streamer-Community und reichen von kleinen „Hearts“ bis zum koreanischen „Selfie–Peace“-Zeichen. Auch in diesen Arbeiten wird auf eine schützende Community Bezug genommen.

In einem kleinen abgetrennten Ausstellungbereich können Besucherinnen und Besucher selbst vor dem Computer in die Rolle des Mukbang-Publikums schlüpfen und sich von den komponierten Essensbergen, exotischen Lebensmitteln und animierenden Essensgeräuschen faszinieren lassen.

Mara Novaks Ausstellung GOCHUJANG SUNSET verspricht ein intensives, sinnliches Eintauchen in eine bizarre, farbenfrohe Welt und erlaubt uns gleichzeitig, diese mit unseren Landschafts- und Lebenserfahrungen in Verbindung zu bringen.

Analoge Fotografie, Multimedia-Installation von Mara Novak

Öffnungszeiten:
Do-Fr, 17-19 Uhr, Sa 11-13 Uhr
und auf Anfrage per Mail: 
info@zell-e.at
Führungen nach Vereinbarung

Ausstellungsdauer:
25. Januar – 10. Februar 2024

Artist is present:
Freitag, 26. Januar 2024, 15-19 Uhr
Sonntag, 28. Januar 2024, 10-15 Uhr

Artist Talk:
Mittwoch, 31. Januar 2024, 18:30 Uhr

Finissage:
Samstag, 10. Februar, 11 Uhr

Mit freundlicher Unterstützung:
  • Kategorie: Ausstellung
  • Zeit: 25. Januar 2024  - 10. Februar 2024 
  • Ort:Postplatz 4, 5700 Zell am See